Es war einmal…: die Anfänge der Logistik und Intralogistik
Schon vor der Erfindung des Rades wurden Materialien transportiert, umgeschlagen und gelagert. Schon damals war der Aufwand speziell für den Materialfluss enorm – anfangs ohne jeglichen Automatisierungsgrad. Der Begriff Intralogistik ist noch recht jung, die Maschinerie im Hintergrund dagegen uralt. Wir wagen einen Blick in die Vergangenheit und zeigen Ihnen die Anfänge der Logistik sowie Intralogistik: wahre Meilensteine.
Über die Pyramiden und Byzantiner
Keine Frage, logistische Herausforderungen gab es bereits vor Tausenden von Jahren. Die gewichtigste Logistik war damals zweifelsohne beim Bau der Pyramiden zu bewältigen. Die Granitblöcke waren nicht nur über 50 Tonnen schwer, sie wurden zudem meist aus Steinbrüchen abgebaut, die bis zu 800 Kilometer entfernt waren. Damals war für diese Art Logistik ein extra angelegter Hafen keine Seltenheit.
Und speziell im militärischen Segment erlangte die Logistik, wie wir sie auch heute verstehen, nicht allein durch die Römer Weltruhm. Der byzantinische Kaiser Leontos VI schrieb zirka 900 n. Chr.: „Sache der Logistik ist es, das Heer zu besolden, sachgemäß zu bewaffnen und zu gliedern, es mit Geschütz und Kriegsgerät auszustatten, rechtzeitig und hinlänglich für seine Bedürfnisse zu sorgen und jeden Akt des Feldzugs entsprechend vorzubereiten, d.h. Raum und Zeit zu berechnen, das Gelände in Bezug auf die Heeresbewegungen sowie des Gegners Widerstandskraft richtig zu schätzen und diesen Funktionen gemäß die Bewegung und Verteilung der eigenen Streitkräfte zu regeln und anzuordnen, mit einem Wort zu disponieren.“ Wie weit das Militär sowie die moderne Kriegsführung eine entscheidende Rolle in der Logistik einnahm und noch immer einnimmt, lesen Sie folgend unter „Kriegsmaschinerie“.
Logistik in Deutschland
In Deutschland wurde neben militärischen Hintergründen (siehe Kriegsmaschinerie) bereits um 1200 der weltweite Handel forciert. Das internationale Unternehmensnetzwerk „die Hanseaten“ beschrieb die Kooperation für Transportbündelung und internationalen Seeverkehr. Um beispielsweise die Überfahrt in der Nordsee sicherer zu machen, um endlich dauerhaft wirtschaftliche Interessen auch im Ausland vertreten zu können, wurde 1188 die Stadt Hamburg als Nordsee-Stützpunkt der Hanse gegründet. Der gemeinsame Handel der sogenannten Hanse-Kogge reichte damals bereits vom schwarzen Meer bis zum Reval, dem heutigen Tallinn, der auch heute noch als deutschsprachiger Handelsraum bekannt ist. Man könnte also auch behaupten, dass die Hanseaten einen frühzeitigen Gedanken der Europäische Union inne hatten.
Und dabei hat Logistik in Deutschland nicht nur Tradition, sie ist hierzulande einer der größten Wirtschaftsbereiche nach der Automobil-Wirtschaft und dem Handel. Die Logistik hat 2012 nach Angaben der Bundesvereinigung Logistik (BVL) mit „2,85 Millionen Beschäftigten einen Umsatz von rund 225 Milliarden Euro erzielt. Damit legte der Logistikmarkt in Deutschland gegenüber 2011 um etwa drei Prozent zu. Für 2013 rechnet die BVL damit, dass das Niveau von 2012 gehalten wurde“. Ein wenig amüsant dabei; das erste Frachtgut der deutschen Eisenbahn sind zwei Fässer Bier gewesen. Sie wurden für gerade einmal zwölf Kreuzer von Nürnberg nach Fürth geliefert. Dagegen richtungsweisend: Der Direktorial-Kommissär Dr. Löhner sollte, wie es in der Verfügung heißt, Sorge tragen, „dass dieser kleine Anfang der Güterbeförderung in gehöriger Ordnung vor sich gehe um solchen vielleicht später ins große ausdehnen zu können“; was ja dann auch umgesetzt worden ist.
Postalisch, Industrialisierung und die Kriegsmaschinerie
Eine andere logistische Herausforderung, die bis heute Bestand hat, wird von den vielen Briefträgern und Paketzustellern bewältigt. Was heute von jeder Zustellung erwartet wird, hat seinen Ursprung um zirka 1500. Damals entstand ein einheitlicher sowie fortschrittlicher Postbetrieb für ganz Europa. Länder und Herzogtümer führten den ersten Postbetrieb mit genau festgelegter Laufzeit ein. Unvorstellbar, aber sie konnte sich Anfangs natürlich um einige Tage verzögern.
Taylorismus und Ford
1800 wurde es nicht nur industrieller, vielmehr bewegte sich auch die Logistik auf neue Bahnen. So ermöglichte die Erfindung der Dampfmaschine sowie die Entdeckung von Erdöl eine neue Ära in Sachen Wirtschaftlichkeit. Speziell die Wirtschaftlichkeit brachte den jungen Ingenieur Frederick W. Taylor aus den USA 1878 dazu, Fertigungsprozesse detaillierter zu betrachten: Wie können Prozesse noch effektiver organisiert werden und wie kann man dabei auf teure Facharbeiter verzichten? Die Antwort: Viele Handgriffe müssen einfach und so schnell wie möglich umgesetzt werden. „In der Vergangenheit stand der Mensch an erster Stelle; in Zukunft muss das System an erster Stelle stehen“, verteidigte Taylor sein Prinzip.
Und kein geringerer als Ford nahm sich diesem 1908 an. Die Fließbandarbeit, gerade erst eingeführt, wurde revolutioniert. Der Autohersteller wollte unbedingt ein Auto für die breite Masse. Ford beschränkte sich also auf sein Modell T (Tin Lizzy), berücksichtigte den mittlerweile weltbekannten Taylorismus und ließ fortan sechs Jahre das Modell T vom Band rollen. Und weil sich Ford auf dieses Modell beschränkte, konnte er auf Spezialmaschinen für die einzelnen Arbeitsschritte setzen. Über Laufbänder liefen die einzelnen Werkstücke von einer zur nächsten Maschine, von einem Handgriff zum Nächsten. Der Clou: Je schneller der einzelne Arbeiter arbeite, desto mehr Lohn zahlte Ford ihm aus, gleichzeitig konnte er von 1908 bis 1914 den Preis für das Auto halbieren – die Akkordarbeit war geboren.
Aber auch die Eisenbahnen wurden nicht nur neu erfunden, sie wurden mit neuen Technologien erweitert und erhielten so neue Aufgabenbereiche als Transportmittel. Leider wurden diese Möglichkeiten für die Kriegsführung ausgenutzt. So konnte Deutschland beispielsweise während des ersten Weltkriegs Tonnen an Material (Waffen und Ausrüstung) den Truppen zukommen lassen. Das Militär spielte also auch nach der Zeit des erwähnten byzantinischen Kaisers hinsichtlich logistischer Aufgaben eine große Rolle. Sie wurden zudem während des zweiten Weltkriegs weiter verfeinert. Davon profitierte dann aber auch die wirtschaftliche Logistik, die schon während beider Weltkriege mit der Übertragung von militärischen Logistik-Konzepten begann.
Das Supply Chain Management und die Intralogistik
Letztendlich begann die globale Logistik 1956. Damals veränderte der US-Amerikaner Malcom P. McLean weltweit die Produktionsbedingungen fast aller Industrien und somit die Konsumgewohnheiten der Menschen. Noch heute ist der Seecontainer dafür verantwortlich, dass Werften Großaufträge erhalten, neue Länder und Regionen boomen, neue Märkte entstehen und Produkte aus aller Welt überall billig eingekauft und verkauft werden können. Die Geschichte der Logistik nahm fortan seinen Lauf. Das Kanban- und Just-In-Time-Konzept aus dem Hause Toyota, bei dem die Beschaffung von Material in den Fokus rückte; die QR- und ECR-Technologien führte zum effizienten Warenversorgungssystem; und natürlich die Gegenwart: Supply Chain Management – also die Betrachtung der gesamten Logistik-Kette vom Lieferanten bis zum Endkunden.
Dieses interaktive und komplexe System beinhaltet auch die uns bekannte Intralogistik, also die logistischen Material- und Warenflüsse, die sich innerhalb eines Betriebsgeländes abspielen. Dabei ist der Begriff noch recht jung. Erst seit 2003 ist er fester Bestandteil der Logistik. Er verfügt demnach über eine kurze Geschichte; mit langer Tradition. DR. THOMAS + PARTNER (heute TUP) hatte bei der Findung der Begriff-Definition großen Anteil und war beim VDI sogar Federführend. „Über die Jahre hat man erkannt, dass die Logistik sehr vielschichtiger und verzweigter als gedacht ist. Der Oberbegriff reichte einfach nicht mehr aus“, so Frank Obschonka, Vertriebsleiter und Wirtschaftsingenieur bei TUP. Zur besseren Differenzierung hat man den Begriff Intralogistik eingeführt. Fortan konnten wir so sämtliche Intralogistik-Prozesse eines Unternehmens logistisch darstellen und benennen.“
Grundsätzlich lässt sich die eigentliche Geburtsstunde der Intralogistik mit dem Einsatz von Hochregallagern und Warenverteilsystemen verknüpfen. Angefangen mit den nicht wirklich platzsparenden Blocklagern, bei denen aber bereits Kräne zum Einsatz kamen, bis zur Weiterentwicklung der eigentlichen Fahrleistung kristallisierte sich die Höhe als effektivste Komponente der Intralogistik. In den 1980er-Jahren ermöglichte die neu entwickelte Informationstechnologie dann den nötigen Automatisierungsgrad. Letzterer wurde bekanntlich durch LVRs und anderer Steuersoftware fortlaufend perfektioniert. Laut Frank Obschonka finden auch heute noch die entscheidendsten Entwicklungen in der IT statt. „Und damals waren es speziell die Weiterentwicklungen in Sachen Software-Steuerungen und natürlich die PC-Einführung“.
Mittlerweile fließen auch verstärkt Umweltgedanken in die Planungen mit ein. So gilt die Intralogistik auch als Sektor mit nennenswerten Einsparmöglichkeiten im energetischen Bereich. Energieeffizienz wird damit unter dem Stichwort Green Logistics zu einem weiteren treibendem Moment in der Intralogistik.
Weitere Informationen finden Sie unter ‚Was kann die Logistik leisten‚ sowie unter ‚Das Ende der 6 R der Logistik? – Teil 1‚
Teaserbild: © Giammarco Boscaro
Infografik: © GlobalGate GmbH – „Das Onboarding-Programm für alle Logistik-Einsteiger“
Anmerkung der Redaktion: Das Unternehmen DR. THOMAS + PARTNER heißt seit dem 16.03.2022 offiziell TUP GmbH & Co. KG.