Der (Hänge-)Taschensorter
Der Taschensorter (engl. Pouch sorter / Bag sorter) gehört zu der Gattung der logistischen Sortier- und Verteil-Systeme. Ein sogenanntes (Hänge)-Taschensorter-System ermöglicht es, Hänge- und Liegeware auf derselben Anlage vollautomatisch zu transportieren – auch klassische Kartonware ist keine Seltenheit. Beförderungsbrüche, wie bei herkömmlichen Anlagen, beispielsweise durch Übergabe an den Stapler, sind nicht vorgesehen.
Ein Taschensorter findet vor allem in den Bereichen Retoure und Kommissionierung (vornehmlich Fashion) Anwendung. Es gibt allerdings auch Taschensorter-Systeme, die gleichzeitig als Lager- oder Puffersystem (siehe Pufferfunktionen in der Praxis) eingesetzt werden. Das Warehouse-Management-System (WMS) beziehungsweise die Materialflusssteuerung routet bei einem Taschensorter die jeweiligen Taschen samt Ware vollautomatisch direkt zum Packplatz – eine klassische Kommissionierung entfällt somit für taschenfähige Ware. Der Artikel rotiert dabei so lange im System, bis er vom WMS für die Abwicklung ausgeschleust wird – vorausgesetzt, die Ware verträgt die Lagerung beziehungsweise den Transport in nicht formstabilen Förderelementen. Im Normalfall sollte Liege- und Hängeware nicht länger als drei Tage in den Taschen verweilen. Zum einen ist zu beachten, dass zum Beispiel ein T-Shirt oder Hemd zusammengeknäult und am Taschenboden bis zu sieben Zentimeter Staulänge erzeugen kann, zum anderen sind im Taschensorter planungstechnisch Schnelldreher gefragt. Langfristiges Lagern im Taschensorter ist daher tabu.
Pufferfunktion in der Praxis
Speziell die hohe Skalierbarkeit beim sogenannten dynamischen Puffer* ist zu erwähnen. In diesem werden häufig nachgefragte Artikel sowie vereinnahmte Retouren-Artikel in den Taschen vorgehalten und müssen nicht manuell gepickt werden. Jede Tasche, ausgestattet mit einem RFID-Chip oder Barcode, wird mit genau einem physischen Artikel verheiratet (Siehe dazu das verlinkte Video). Bei der Abwicklung der Kundenaufträge wird zuerst auf Artikel aus dem dynamischen Puffer zugegriffen. Sollten darin Teile des Kundenauftrags nicht enthalten sein, werden diese manuell in weitere Taschen, wenn konzeptionell sinnvoll, hinzusortiert. In der Folge werden alle Taschen dann vollautomatisch zum Packplatz befördert und idealerweise auch vom Sorter direkt zusammengeführt und an den Versand weitergegeben.
Taschensorter: Platz- und Zeitersparnis
Der Vorteil eines Taschensorters ist, auf Grund der vertikalen Taschen-Anordnung, die Platzeinsparung. Man kann im Gegensatz zu anderen Systemen deutlich dichter lagern. Außerdem wird ein Taschensorter oftmals direkt unter die Decke eines Distributionszentrums installiert und somit wertvolle Bodenfläche eingespart beziehungsweise freigegeben. Ebenfalls entscheidend: der automatische Einzelzugriff auf jedes Teil.
Anbieter versprechen zudem einen Platzbedarf von bis zu 25 Taschen pro Meter. Diese Angabe ist aber saisonal vom jeweils eingelagerten Sortiment abhängig. Zudem ist zu beachten, dass in der Regel prozessbedingt pro Tasche nur ein Artikel transportiert werden kann.
Wichtig: Die Anzahl der Packplätze ist abhängig von den individuellen Prozessen und Prozesszeiten an den einzelnen Plätzen. In Zahlen; bei einem Einsatz von 7.500 Taschen rechnet man in typischen Anwendungen im Schnitt mit zirka zehn Belade-Plätzen und 30 Pack-Plätzen. Bei aktuellen Taschensorter-Systemen können je nach Hersteller typischer Weise zirka 10.000 Takte pro Stunde abgewickelt, kurzfristige Marketingaktionen und saisonale Peaks können so einfacher und schneller abgearbeitet werden. Daraus resultiert eine nutzbare operative Leistung von den erwähnten 7.500 Taschen pro Stunde; auch weil nicht jeder Takt genutzt werden kann – immer pro Strang und in der Regel parallel (siehe dazu das Video). Die Zeitersparnis ist natürlich abhängig von den einzelnen Prozessen, die nach der Qualitätsprüfung (Retourenabwicklung) am Wareneingang beziehungsweise an der Retouren-Vereinnahmung erfolgen.
Beispiel: Klassische Arbeitsschritte bei der Wiedereinlagerung von Retouren
- Qualitätsprüfung
- Vorsortierung für jeweilige Kommissionier-Zone
- Beförderung in die Kommissionier-Zone
- Beförderung zum Lagerplatz
- Einlagerung
- Verheiratung mit dem Lagerort (Lagerplatzverwaltung)
Arbeitsschritte beim Taschensorter
- Qualitätsprüfung
- Vorsortierung (Entscheidung „taschenfähig – ja oder nein“)
- Beförderung zum Befüllplatz
- Einlagerung / Tasche
Wichtig: Beim Taschensorter entfallen zunächst die klassischen Kommissionier-Prozesse. Der Mitarbeiter entscheidet lediglich nach der Qualitätsprüfung „taschenfähig – ja oder nein“. Ist die Ware nicht taschenfähig, wird diese über die herkömmliche Förderlandschaft befördert und abgewickelt. Nicht vorrätige Ware kann allerdings aus dem Lager manuell kommissioniert und dem Taschensorter zugeführt werden. Am Ende einer Saison sollte zudem der Puffer vom saisonalen Sortiment bereinigt werden. Das geschieht meist automatisch. Auch diese Ware muss dann aus den Taschen kommissioniert und über den klassischen Einlagerungsprozess zurück ins Lager befördert werden.
Fazit Taschensorter
Ein Taschensorter eignet sich für Ware, die nur kurzfristig im Lager verweilt. Ein Grund, warum ein Taschensorter auch als Puffer agieren kann. Denn auf Basis der Pufferfunktion muss nur noch ein Teil der retournierten Ware ins Lager zurücksortiert werden – Schnelldreher können direkt aus dem Puffer angefordert werden.
Dort, wo beispielsweise ein hohes Retouren-Aufkommen (Multi-Channel und Omni-Channel – allgemein E-Commerce-Strategien) zu registrieren ist, lohnt sich in der Regel der Einsatz einer Kombination aus Taschensorter und herkömmlichen Förder- und Lagertechniken.
Weitere Information zum Thema Materialfluss finden Sie auch unter Materialflusssimulation sowie unter Transportverwaltung.
Teaserbild: Pressebild – Marcus Vetter / Gigaton GmbH
Bildergalerie Taschensorter: mit freundlicher Genehmigung arvato Bertelsmann SCM Solutions
* Case Study – Logistik-Wachstum in der Tasche, Arvato Bertelsmann