Das Jidoka-Prinzip in Produktion und Logistik
Das Jidoka-Prinzip beschreibt die Fähigkeit einer Maschine, einer Anlage oder eines ganzen Systems, sich bei Fehlern, Qualitäts- und Produktionsproblemen selbst abzuschalten. Jidoka bildet neben dem Just-in-Time-Prinzip die zweite tragende Säule im Toyota-Produktions-System (TPS) und ist ein wichtiger Faktor im Lean Management sowie in der Qualitätssicherung. Über Sensoren, Begrenzungsschalter oder sonstige Einrichtungen werden Fehlfunktionen oder auftretende Fehler erkannt, was zur oben erwähnten Selbstabschaltung der Maschine führt. Dieser gesteigerte Grad an Eigenständigkeit der Anlage wird als Autonomation (Automation + Autonomie) bezeichnet; man spricht auch von intelligenter Automation oder von Automation mit menschlichem Touch.
Jidoka in der Produktion
Die entscheidende Sichtweise von Jidoka liegt darin, die gefertigten Materialien im laufenden Herstellungsprozess zu kontrollieren, statt eventuelle Fehler erst im Nachhinein festzustellen. Dies ermöglicht eine intensive Ursachensuche der Probleme und kann kurzfristig Produktivitätseinbußen mit sich bringen, steigert aber langfristig die Zuverlässigkeit und damit auch den Profit. Jidoka fungiert als kosteneffizienter Zwischenschritt zu einer vollständigen Automation, bei der auftretende Fehler von der Maschine selbst nicht nur erkannt, sondern auch behoben werden. Dazu wird die Anlage mittels bestimmter Komponenten, wie beispielsweise Sensoren, befähigt. Alle Abweichungen vom Normalbetrieb (Anomalitäten) werden erkannt und wenn möglich selbsttätig ausgeregelt; falls Letzteres nicht möglich sein sollte, wird der Bearbeitungsprozess ebenso selbsttätig gestoppt und den zuständigen Mitarbeitern visuell signalisiert.
The Toyota term „jido“ is applied to a machine with a built-in device for making judgments, whereas the regular Japanese term „jido“ (automation) is simply applied to a machine that moves on its own. Jidoka refers to „automation with a human touch,“ as opposed to a machine that simply moves under the monitoring and supervision of an operator.
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Vorteile in der Produktion
- Im Rahmen der Qualitätssicherung ist eine hundertprozentige Kontrolle nicht mehr nötig, da Fehler bereits im Vorfeld automatisch erkannt werden.
- Ausschuss beziehungsweise Nacharbeit werden reduziert oder sogar ganz eliminiert, da eine fehlerhafte Teileverarbeitung sofort erkannt wird; dadurch werden auch keine mangelhaften Teile in nachgelagerte Prozesse weitergegeben.
- Maschinen verschleißen nicht weiter durch fehlerhafte Prozesse und Teile.
- Anlagen und einzelne Maschinen müssen nicht mehr von Mitarbeitern überwacht werden; die reine Überwachung wird als Verschwendung angesehen, konkret: Verschwendung von Zeit. Dadurch kann ein Mitarbeiter mehrere Anlagen gleichzeitig bedienen, in der Gewissheit, dass keine Fehlteile produziert werden (Multi Process Handling).
Das Jidoka-Prinzip in der Intralogistik
Auch in der Intralogistik greift das Jidoka-Prinzip, nur anders. So gilt es beispielsweise ebenso im Lager, Verschwendung zu vermeiden. Die entsprechenden Verschwendungsarten können wie folgt aussehen: unnötiger Transport durch zu lange Wege, unnötige Bestände durch falsche Disposition, Nacharbeit durch Kommissionier-Fehler oder Wartezeit durch fehlende Informationen, Mitarbeiter, Materialien oder Teile. Im Kontext von Lean Warehousing stellt Jidoka eine Methode dar, die das Qualitätsmanagement vorantreibt, zunehmenden Kosten- und Effizienzdruck abfedert, den steigenden Anteil von Value Added Services unterstützt und den Einsatz von Fördertechnik und Automatisierungstechnik verbreitet.
Als Beispiele sind Automatisierungsprozesse innerhalb des Wareneingangs, der Kommissionierung, Inventur sowie in der Abfertigung der Retouren genannt. So werden innerhalb eines Warehouse-Management-Systems, auch Lagerverwaltungssystem, einzelne Arbeitsschritte auf Basis von hinterlegten Informationen automatisiert und rechnergestützt kontrolliert. Im Wareneingang etwa beginnt die Warenkontrolle mit der Avisierung (dem Avis) der Güter. Auf Basis der Avis-Informationen werden vor der eigentlichen Anlieferung die Prozessschritte im Wareneingang automatisch definiert. Die Vereinnahmung ins Logistikzentrum beziehungsweise Distributionszentrum beschreibt neben der Einlagerung gleichzeitig einen Abgleich der vorhandenen Daten: Artikel, Gewicht, Menge, Artikelnummer. Mittels Dialog kann der Mitarbeiter zeitnah einsehen, was genau erfasst wurde und ob die Ware (Lieferscheindaten) mit den Informationen des Avisierten (wird in der Regel durch Systeme wie ERP und WMS unterstützt) übereinstimmt. Um den Prozessabschnitt Wareneingang abschließen zu können, müssen die Daten bestätigt werden; erst danach erfolgt eine vollständige Vereinnahmung der Ware – in der Regel greifen diese Kontrollmechanismen am sogenannten Identifikationspunkt (I-Punkt) und folgen automatisiert einem bestimmten Ablauf, wenn der Mitarbeiter zum Beispiel diesen via Scan auslöst.
Bei der Kommissionierung gibt es mehrere Varianten, wie automatisiert die eingelagerte beziehungsweise auszulagernde Ware während des Pickens kontrolliert wird. Zum einen bietet etwa die Kommissionier-Art Pick-by-Visions die Möglichkeit mittels detaillierten Informationen (Grafik, Fotos, Text) den Mitarbeiter fehlerfrei zu führen; zum anderen sind Pickprozesse wie Pick-by-Scan, Pick-by-Light und Pick-by-Robot so konzipiert, dass das Lagerverwaltungssystem selbst dem Mitarbeiter genau aufzeigt, welcher Artikel angefasst werden muss – im Zuge des Picks werden automatisch Mengenkontrollen durchgeführt. Stimmt die Systemmenge nicht mit der vorherrschenden Menge im Fach überein, obliegt systembedingt dem Fach ein Klärungsfall. Ein Klärungsfall kann auch der Anstoß des Nachschubs sein.
Hinweis der Redaktion: Im Gegensatz zum Jidoka-Prinzip in der Produktion werden intralogistische Förderanlagen, etwa ein Taschensorter oder allgemeine Sorter innerhalb einer Kommissionier-Zone, nicht abgeschaltet, wenn beispielsweise Produktfehler erkannt werden. Die fehlerhaften Produkte müssen lediglich aus dem eigentlichen Materialfluss ausgeschleust und separat behandelt werden.
Manuelle Prozesse bieten Flexibilität
Der Ausweitung des Jidoka-Prinzips in der Intralogistik steht das ebenso im TPS enthaltene Chaku-Chaku-Prinzip entgegen. Hier wird die Systemleistung durch zunehmenden Personaleinsatz flexibilisiert bei gleichzeitigem Verzicht auf komplizierte Fördertechnik. Setzt ein Distributionszentrum beispielsweise auf ein breites Artikelsortiment, rechnet aber mit einer schwankenden Nachfrage (saisonal), wird zudem die chaotische Einlagerung favorisiert, dann sind manuelle Arbeitsschritte oftmals sinnvoller, als eine automatisierte Technik einzusetzen (siehe dazu die manuelle Sortier-Kommissionierung).
Zusammenfassung Jidoka-Prinzip
Die Anwendung des Jidoka-Prinzips befähigt Maschinen und Software, auftretende Fehler im laufenden Prozess zu erkennen und diese gegebenenfalls auch zu beheben oder den aktuellen Vorgang zu stoppen. So können sich Produktionsfehler nicht durch den gesamten, nachgelagerten Prozess ziehen, was wiederum spätere Nacharbeiten oder Verschiebungen der Fertigungsreihenfolge vermeidet. Diese autonome und automatische Qualitätssicherung ist eine wichtige Säule im Lean Manufacturing mit ihrem Ursprung im Toyota-Produktions-System. Innerhalb von Logistikzentren werden ähnliche, meist softwarebasierte, Kontrollmechanismen in Warehouse-Management-Systemen beziehungsweise ERP-Systemen implementiert. Im Gegensatz zu Produktionsstätten müssen in der Intralogistik keine Anlagen gestoppt werden.
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