Schwarmintelligenz – Was wir Logistiker von Ameisen lernen können – Teil I
Sicherlich verwenden Sie ein Navigationssystem. Dann verlassen Sie sich also bereits auf die Leistung von Ameisen und die Schwarmintellingenz. Warum? Weil die gängigen Navis mit dem sogenannten Ameisenalgorithmus programmiert sind und dieser Ihnen den „besten“ Weg von A nach B zeigt, genauso wie es Ameisen seit über 130 Millionen Jahren tun und das so erfolgreich – effektiv und effizient -, dass mittlerweile die Biomasse von Ameisen auf diesem Planeten größer ist als die des Menschen. Unglaublich, oder?
Schwarmintelligenz ist der Schlüssel
Man könnte nun fälschlicherweise daraus ableiten, dass die Ameise ein besonders intelligentes Lebewesen ist. Das ist aber gar nicht so. Die einzelne – isolierte – Ameise hat lediglich ein Gedächtnis von maximal 10 Sekunden und ein Verhaltensrepertoire von etwa 25 Varianten. Das lässt sich heute tatsächlich mittels Computer und Roboter fast ebenbürtig simulieren, übrigens nicht nur aus Spielfreude sondern auch zum Zwecke der Anwendung in Logistik und Supply Chain. Die Intelligenz der Ameisen beruht auf einem besonders interessanten Phänomen. Der sogenannten Schwarmintelligenz. Soll heißen, dass das Zusammenwirken vieler einzelner Ameisen, in einer hoch arbeitsteiligen Gemeinschaft – Ameisenstaat – zu diesen bemerkenswerten Leistungen führt. Zahlreiche Experimente, unter anderem das Zweibrückenexperiment, zeigen eindrucksvoll wie dieser Schwarm funktioniert. Übertragen auf unser unternehmerisches Dasein, lassen sich somit wenige Mechanismen der Schwarmintelligenz – Crowd Intelligence – herauskristallisieren.
Vier Mechanismen der Schwarmintellingenz
Wie kann man Schwarmintelligenz in Unternehmungen und Lieferketten (Supply Chains) möglicherweise zum Nutzen aller Beteiligten erzeugen? Jüngste Forschungen auf diesem Gebiete haben folgende Vier Mechanismen der Schwarmintelligenz entdeckt und auf den Punkt gebracht:
- Unabhängigkeit der einzelnen Mitarbeiter in ihren Entscheidungen
- Diversität der einzelnen Mitarbeiter in Bezug auf Talente, Erfahrungen, Wissen, Fertigkeiten usw.
- Dezentrales Wissen über die nur jene Mitarbeiter verfügen können, die vor Ort tätig sind (Vorort-Wissen)
und schließlich
- Aggregation aller dieser möglichst unabhängigen, diversen und dezentralen Einzelleistungen zu einer Gesamtleistung (Schwarm).
Die Weisheit der Vielen
Der Klassiker auf dem Gebiete der Schwarmintelligenz ist das empirische Beispiel von James Surowiecky (Die Weisheit der Vielen. Warum Gruppen klüger sind als Einzelne und wie wir das kollektive Wissen für unser wirtschaftliches, soziales und politisches Handeln nutzen können) mit dem ebenso klassischen Beispiel der Schätzung des Gewichts eines ausgeweideten Ochsen. Die fast 1000 Beteiligten, die sich aus verschiedensten Personen zusammensetzten – also neben zahlreichen sog. Experten wie Viehzüchtern, Bauern, Metzgern auch echte Laien wie Du und ich – kommen im Durchschnitt auf eine Schätzung, die fast exakt das Gewicht des Ochsen trifft. Die beste Einzelschätzung war schlechter als die durchschnittliche Schätzung (z.B. arithmetisches Mittel) aller Beteiligten. Und das Überraschende dabei: Jeder trägt durch seine unabhängige und durch Diversität geprägte, als auch durch seinen besonderen dezentralen Zugang zu einem Ergebnis bei, das im Durchschnitt besser ist als die allermeisten Einzelschätzungen.
Was das nun für uns im logistischen Alltag bedeutet und wie wir die Schwarmintelligenz zum unserem eigenen Nutzen gezielt einsetzen können, soll im zweiten Teil genauer untersucht werden.
Weitere Informationen finden Sie auch in dem Beitrag Ameisenalgorithmus.