TUP setzte für den Fahrradhersteller Canyon zwei großangelegte Projekte um. In kurzer Zeit entstand ein neuer Produktionsstandort mit optimierter Intralogistik, der die Grundlage für eine moderne Fertigung und das damit verbundene Wachstumspotential schuf. Als Folgeprojekt wurde dank individueller Softwarelösungen, Beratung und Planung eine standortübergreifende Symbiose von Produktionslogistik und Lagerlogistik durch TUP verwirklicht. Das Resultat ist ein individuell auf die Geschäftsprozesse des Unternehmens zugeschnittenes, skalierbares Gesamtkonzept, das es dem Onlinehändler ermöglicht, die Chancen des rasant wachsendenden Marktes durch Konsolidierung und Steigerung der Produktionskapazitäten mittels digital gesteuerter Linienfertigung ideal zu nutzen.
Dass sich der Onlinehandel zu einem starken Wirtschaftszweig entwickelt hat, ist spätestens seit dem anhaltenden Boom während der Coronakrise allen bewusst geworden. Aktuellen Zahlen des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel e.V. zufolge trägt der E-Commerce in Deutschland rund 100 Milliarden Euro/Jahr zum Bruttoinlandsprodukt bei und etabliert sich damit nur knapp hinter der Automobilindustrie.
Für Canyon, weltweit beliebter Hersteller von Mountainbikes und Rennrädern, ist das nicht überraschend. Das Unternehmen setzt schon seit seiner Gründung auf den Onlinehandel und ist sich der Vorteile bewusst: Der direkte Austausch steigert die Kundenbindung und -zufriedenheit und das Umgehen von Drittanbietern ermöglicht attraktive Preise.
Eine weitere wichtige Säule für nachhaltigen Erfolg im E-Commerce sind skalierbare, transparente und individuell angepasste Lösungen, die die Fertigungs- und Logistikprozesse unterstützen. Nur so kann auf die immer häufigeren und stärkeren Bestellspitzen reagiert werden, die sich durch die Pandemie nur weiter verschärft haben. Eine Entwicklung, die 2022 zu Wartezeiten von bis zu 500 Tagen bei Radkomponenten führt.
Der Kurzüberblick
TUP setzte für den Fahrradhersteller Canyon zwei wesentliche Projekte um. In kurzer Zeit entstand zunächst ein neuer Produktionsstandort mit optimierter Intralogistik, der die Grundlage für eine moderne Fertigung und weiteres Wachstumspotential schuf. Als Folgeprojekt wurde eine standortübergreifende Symbiose von Produktions- und Lagerlogistik durch TUP realisiert. Das Resultat ist ein individuell auf die Geschäftsprozesse von Canyon zugeschnittenes, skalierbares Gesamtkonzept.
Es ermöglicht dem Onlinehändler, die Chancen des rasant wachsenden Marktes durch Konsolidierung und Steigerung der Produktionskapazitäten mittels digital gesteuerter Linienfertigung zu nutzen.
Die Ausgangslagen der Projekte
Angesichts stetig wachsender Nachfrage musste eine Lösung zur Optimierung Canyons aktueller Logistik-Situation gefunden werden, da die bestehenden Kapazitäten voll ausgeschöpft und auf unterschiedliche Lagerstandorte verteilt waren. Um den steigenden Auftragszahlen gerecht zu werden, plante das Unternehmen die Errichtung eines neuen Standortes. Produktion und Intralogistik sollten zusammengeführt werden, um Montageprozesse effektiver und die Bestandsführung sowie die dazugehörige Logistik transparenter zu gestalten.
Diese einzigartige Herausforderung konnte aber nicht durch eine Standardlösung umgesetzt werden. Daher wurde TUP beauftragt, eine speziell auf die Bedürfnisse und Anforderungen angepasste Lösung zu entwickeln, die Umsetzung als Generalplaner für die Logistik zu begleiten und die Prozesse durch Software optimal zu unterstützen. Die Intralogistik-Experten aus Stutensee bei Karlsruhe begleiteten daher das Projekt von der Konzeption bis zur Umsetzung und schufen so innerhalb einer kurzen Planungs- und Umsetzungszeit effizientere Prozessabläufe.
In einem zweiten Folgeprojekt mit einer knappen Laufzeit von nur drei Monaten wurde TUP mit der Entwicklung eines weiteren Standortes beauftragt. So wurde operativ die bereits im ersten Projekt entwickelte Software auf ein weiteres Lager erweitert. TUP testete und implementierte diese innerhalb kürzester Zeit, da die Software-Module ohne Versionskonflikte oder Inkompatibilitäten instanzfähig gemacht werden konnten. Das war möglich, da TUP die Weiterentwicklung der Prozesse bei Canyon ständig begleitete und eine neue Mehrstandort-Lösung auch bezogen auf die zukünftige Internationalisierung einführte. Dadurch wird zukünftig eine systemübergreifende Vernetzung weiterer Läger problemlos möglich.
Wie war der erste Projektverlauf und welche Lösungen kamen für das Warenlager mit smarter Montage zum Einsatz?
Im neuen Canyon Produktions- und Warenlager in der Nähe von Koblenz sollten Produktionsketten und Intralogistik effizienter gestaltet werden, um der steigenden Nachfrage im E-Commerce gewachsen zu sein.
„TUP war der richtige Partner, um unsere Logistikabläufe zu optimieren und zu automatisieren. Außerdem war uns ein Partner wichtig, der uns bei der Logistikplanung, dem Warehouse-Management-System und der Lagertechnik als Generalplaner ganzheitlich begleitet – alles aus einer Hand“ – Canyon-Projektleiter André Koch
Die Anforderungen an TUP waren zum einen die Digitalisierung der Dokumentation von Wareneingang bis hin zu -ausgang sowie eine einfachere Zugriffsmöglichkeit auf alle Daten über mobile Endgeräte. Zusätzlich sollte eine digitale, zweistufige Kommissionierung eingeführt und die Montage als dynamisch gesteuerte Linienfertigung umgesetzt werden.
Daraus ergeben sich transparente Bestände und Abläufe für alle Mitarbeiter, da auch der Montage- und Warenfluss in Echtzeit dargestellt und gesteuert werden kann. Das ermöglicht Canyon nun eine schnelle und flexible Reaktionsmöglichkeit auf die tägliche Auftragslage.
Was waren die Besonderheiten und Anforderungen während des ersten Projekts?
Da TUP den Neubau der Canyon Factory ganzheitlich begleitete, konnte das Unternehmen gemeinsam mit Canyon stets schnell auf Anpassungen reagieren und diese individuell umsetzen. Ein Warehouse-Management-System (WMS) innerhalb kurzer Zeit an die Montage anzubinden und den kompletten Prozess vom Pflichtenheft über das Lastenheft bis zur Inbetriebnahme abzuschließen, war eine große Herausforderung. TUP konnte das Projekt in der vorgegebenen Zeit realisieren und im geplanten Budget bleiben. Die gesetzten Ziele und Erwartungen von Canyon wurden damit rundum erfüllt.
Des Weiteren entwickelte TUP eine spezielle modulare Software für Canyon, genannt TUP.SML (Smart Mobile Logistics), die den Einsatz von auf Android basierten Endgeräten aber auch handelsüblichen Smartphones zur mobilen Datenerhebung im Lager sowie eine Anbindung von Headsets und Ringscannern ermöglicht. Diese Lösungen bieten Canyon die freie Endgerätauswahl, eine problemlose Ergänzung zusätzlicher Dialoge im System und ermöglichen eine unterbrechungsfreie Produktionskette. Sollte ein Gerät unvorhergesehen ausfallen, kann die Arbeit dank der TUP-Software mit einem anderen Endgerät an gleicher Stelle weitergeführt werden.
Beim Einsatz der mit der Software ausgestatteten Geräte werden in der gesamten Prozesskette alle Daten sowie Arbeitsschritte erfasst und an das von TUP entwickelte Warehouse-Management-System TUP.WMS übertragen. Hier ist auch eine Weitergabe an nachgelagerte Systeme, wie das Enterprise-Ressource-Planning-System (ERP) oder Manufacturing-Execution-System (MES) möglich.
Durch seine Anpassungsfähigkeit ermöglicht TUP.WMS eine dynamische und nach Auftragslage ausgerichtete Montageandienung „just in sequence“. Dazu wurden sogenannte Master- und Slave-Rundgänge entwickelt, die die Fertigungsketten steuern und effizient beliefern. So werden beispielsweise bei Master-Rundgängen Informationen zu Fahrradrahmen gebündelt. Je nach Position in der Fertigungskette steuern die Slave-Rundgänge dann passende Anbauteile für den jeweiligen Rahmen zu. Dabei können auch einzelne Artikel in montagegerechte Komponenten zerlegt werden, falls sie an unterschiedlichen Stellen der Linienfertigung eingebaut werden müssen.
TUP.WMS übernimmt das Management der Ladehilfsträger, den sogenannten Carts, die als Fördermittel für die Kommissionierung, den Montagepuffer und die Andienung benötigt werden. Es stellt sicher, dass immer genügend Transportkapazitäten bereitstehen.
Weiterhin unterstützen die TUP-Module bei der Steuerung der Fördertechnik zwischen vier Kommissionier-Ebenen (TUP.MFC – Materialflussrechner). Eine Verbindungsschicht zwischen TUP-Lösungen, MES und dem ERP-System ermöglicht über ein standardisiertes Nachrichtenprotokoll die effiziente Einbindung weiterer TUP-Bausteine oder Drittsoftware zur Steuerung des Materialflusses.
Diese erste individuelle Zusammenstellung der TUP-Lösungen, wurde als Funktionspaket „Canyon Logistic System“ (CLS) zusammengefasst, um die Montagemöglichkeit bei Bedarf auch für weitere Standorte bereitstellen zu können, die im zweiten Projektschritt erfolgen sollte.
Wie war der zweite Projektverlauf und welche Lösungen kamen für die individuelle Software-Lösung für alle Canyon-Läger zum Einsatz?
In einem zweiten Folgeprojekt wurde TUP beauftragt, eine zentrale Vernetzungsmöglichkeit aller Canyon-Läger und speziell der Dialoge der Fertigungsanlage über einen zentralen Leitstand bereitzustellen. Dadurch werden im Bereich der Fertigung und Auslieferung eine hohe Flexibilität und kurze Reaktionszeiten geschaffen. TUP-Implementierungsleiter Wolfgang Gilbert erinnert sich: „Die Herausforderung bei diesem Projekt war ohne Zweifel die Implementierung der Software in einem Zeitraum von nur drei Monaten. Das Team hat eine phänomenale Leistung gezeigt und wir konnten diesen Zeitplan einhalten, da wir auf den Grundlagen unseres Softwarepakets im Produktionslager bei Koblenz aufbauen konnten.“
Was waren die Besonderheiten und Anforderungen während des zweiten Projekts?
Die CLS-Software sollte im nächsten Schritt ein zusätzliches Lager unterstützen. Dazu wurde ein weiteres Modul entwickelt, welches die Software CLS für diesen und zukünftige weitere Standorte zur Verfügung stellt (CLS.GLOBAL). Dadurch wird Transparenz und weiterhin einfache, individuelle Anpassung an die Anforderungen der einzelnen Standorte gewährleistet.
Da die TUP-Lösungen jeweils kompatibel sind, musste lediglich eine neue Software-Schicht hinzugefügt werden. Aufgrund des Entwicklungsansatzes von TUP war dies möglich, ohne die bisher bestehende Software in ihrer Funktionalität einzuschränken. Somit kann Canyon nun auf die globale Steuerschicht CLS.GLOBAL zugreifen. „Es gibt nur eine einzige Schnittstelle, egal wie viele dezentrale Standorte mit ihrer jeweils individuellen Topologie eingebunden sind“, so Gilbert weiter. Durch die individuelle Entwicklung verfügt der Fahrradhersteller nun über das nötige Werkzeug, um die Resilienz und Skalierbarkeit seines Geschäftsmodels langfristig auszubauen.
Die Software bietet Kommunikationsmöglichkeiten zwischen übergeordneten Systemen, wie beispielsweise KEP-Dienstleister-Systemen, und den untergeordneten Systemen, wie das individuelle CLS der jeweiligen Läger. Dabei unterstützt die Software jede gängige Technologie für Daten- und Informationsaustausch. Die Vernetzung ermöglicht ein zentrales Monitoring des TUP.WMS aller Läger und schafft dadurch eine Mehrlagerfähigkeit. So können jederzeit weitere Läger verbunden werden, die dann genauso von den immer weiter entwickelten Funktionen profitieren.
Der Ausblick
Mit dem Softwarepaket kann Canyon auch in Zukunft Montagekapazitäten bedarfsbedingt auf andere Warenlager ausweiten. Die schnellen und effektiven Anpassungen ermöglichen dem Unternehmen, dem ungebrochenen Wachstum sowie den Anforderungen des E-Commerce auch weiterhin gewachsen zu sein und damit auch zukünftig Fahrräder in gewohnter Qualität in die ganze Welt zu verschicken.
Somit kann TUP als IT-Dienstleister Canyon bestens gegenüber den zukünftigen Herausforderungen des schnelllebigen E-Commerce-Marktes unterstützen.
Dieser Bericht erschien ursprünglich in der Ausgabe 05/2022 der Fachzeitschrift materialfluss und steht hier als PDF-Download in einer gekürzten Fassung zur Verfügung.