In der virtuellen Veranstaltung „State of AI – KI-Anwendungsideen in der Logistik“ der Regionalgruppe Baden-Württemberg der Bundesvereinigung Logistik Baden-Württemberg (BVL) stellte unser Projektpartner AMAI GmbH erfolgreich eingesetzte Anwendungen und neue, wirtschaftlich interessante Ansätze vor. Dabei gingen sie insbesondere auf unser gemeinsames durch den KI-Innovationswettbewerb des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landes Baden-Württemberg geförderte Projekt „Das perfekte Paket“ ein. Hier ist die Perspektive unseres Projektteams:
"Es war ein Branchentreff im Kleinen"
In dem Teilnehmerkreis von ca. 60 Personen war eine spannende Mischung aus allen Bereichen der Logistik. Es war quasi ein Branchentreffen im kleinen digitalen Kreis. Ich war neugierig, wer sich denn alles für dieses Thema interessiert, und habe ein bisschen durch die Teilnehmerliste gescrollt. Es war schön, doch einige bekannte Gesichert zu sehen.
Es war auch gut, dass der Vortrag von Dr. Jürgen Stumpp den Raum geboten hat, um zu diskutieren und sich nach der Präsentation auch weiter auszutauschen. Unser Projekt wurde von den Teilnehmern aus den unterschiedlichsten Bereichen sehr interessiert aufgenommen und das nicht nur, weil das Buzzword KI enthalten ist. Viele haben sich auch direkt nach der Förderung erkundigt und ihre eigenen Kooperationsprojekte kurz angeschnitten.
In der Schlussrunde kamen sehr konkrete Fragen zum operativen Einsatz unseres Projekts im Hinblick auf Saisonware oder Bestandsverwaltung auf. Es wurde direkt inhaltlich diskutiert, was mir zeigt, dass wir da einen Nerv treffen. Dieses wertvolle Feedback werden wir in jedem Fall in unser Projekt einfließen lassen. Der BVL hat mit der Veranstaltung eine tolle Plattform für uns und unsere Projektpartner geboten.
"Interdisziplinäre Teams sind der Schlüssel"
Die Veranstaltung hat mir gezeigt, dass unser Weg der Kollaboration zwischen den Domänen Business-Kompetenz und KI-Kompetenz der richtige ist. Viele Unternehmen sehen KI noch als reines Dienstleistungsprojekt, in dem externe Experten ihre Lösung anbieten und einfach überstülpen. Doch Methodenkompetenz im Bereich KI bedeutet nicht, dass dieser Dienstleister automatisch Businesskompetenz für das jeweilige Geschäftsfeld hat. Daher ist es wichtig gemeinsam die richtige Abstraktion zu finden, damit Modelle ideal passen.
Der Schlüssel liegt für mich im Mut interdisziplinär zu arbeiten und sich intensiv aus der Perspektive der jeweiligen Domäne mit der Materie auseinanderzusetzen und sich durchaus auch konstruktiv zu streiten, um die besten Lösungen für Constraints, Modelle und das Pilotprojekt zu finden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für mich ist die Datenkompetenz sowohl auf Unternehmens- als auch auf Mitarbeiterebene: Gerade der Bereich Data Engineering ist in vielen Unternehmen noch nicht so verankert, wie es beispielsweise schon bei Banken oder Versicherungen der Fall ist, die schon immer mit komplexen, lange gespeicherten Daten arbeiten mussten. Die Herausforderung für den erfolgreichen Start in KI-Projekte ist, sich darüber Gedanken zu machen, lokale, operative Daten, denen zuvor keine oder nur geringe globale Bedeutung zugemessen wurde, so aufzubereiten, dass die globale Betrachtung sowie die Anreicherung mit externen Daten möglich wird.
Auf der Unternehmensebene stehen da budgetäre und prozessorientierte Fragen an: Was sind die Herausforderungen, wenn ich viele Roh- oder aufbereitete Daten sehr lange speichern muss und viele unterschiedliche Fragen daraus beantworten will. Was ist dazu die Datenhaltungsstrategie? Wenn diese Fragen nicht gelöst sind, ist die Gefahr groß, dass sich KI-Projekte verzögern oder gar scheitern, da nicht ausreichend Daten vorhanden sind oder sie erst aufwendig aufbereitet werden müssen.
"Solver sind der Zimmermannshammer, KI ist das multifunktionale Taschenmesser"
Es gibt viele Heuristiken, um ein Paket ideal zu packen. Der Vorteil von KI ist, dass sie Multi-Level-Probleme lösen kann. Sie kann also nicht nur ein Päckchen packen, sondern dieses auch mit anderen zusammen in ein größeres passendes Paket packen. Zusätzlich kann sie in diesem Zuge auch für die ideale Beladung des Versandfahrzeugs eingesetzt werden.
Die Anwendungsszenarien eines Solvers sind begrenzter als die einer KI. Da KI verschiedene Technologien vereint, hat sie ein höheres Spektrum an Einsatzgebieten. Solver sind der Zimmermannshammer, KI dagegen eher das Schweizer Taschenmesser. Eine Voraussetzung ist aber, dass man damit leben kann, nicht mehr genau nachvollziehen zu können, wie eine KI zu ihrer Lösung kommt. Da muss das Projektteam kennzahlengetrieben arbeiten, denn es kann passieren, dass 99 Pakete super sind, aber alle hundert Pakete eine seltsame Lösung vorgeschlagen wird. Warum das passiert, ist dann leider nicht mehr exakt nachvollziehbar. Ein in Summe besseres Ergebnis rechtfertigt jedoch die Investition in eine KI-Lösung.
Weitere spannende Einsatzmöglichkeiten für KI ist Artikel-Clustering im Lager. Hier können durch eine Analyse von Vergangenheitsdaten und Prognose zukünftiger Auftragsdaten bestehende altbewährte Lösungen wie die ABC-Analyse übertroffen werden. So lassen sich im Nachschub und in der Kommissionierung die Laufwege zu reduzieren. Wichtig ist die Stärken von KI-Lösungen zu kennen und dementsprechend einzusetzen. Für eine Batchbildung sind Solver, beispielsweise mit Simulated Annealing, mit hoher Wahrscheinlichkeit die effizientere, einfachere Lösung. Sobald das System unvorhersehbar und komplex ist, bietet sich eine KI an. Was man dazu wissen muss, dass sich der Sammelbegriff KI eher über seine Unterdisziplinen erfassen und verstehen lässt, wie Machine Learning oder Reinforcement Learning.
Ein anderes spannendes Einsatzgebiet ist die Bilderkennung, um Schäden oder beschädigte Etiketten zu identifizieren. Da gibt es viel Potential manuelle Arbeit zu sparen, beispielsweise durch die maschinelle Bewertung von Retouren. Eine Herausforderung in diesem Bereich ist genau zu klassifizieren, was da zurückkommt. Was kann direkt wieder versendet werden, was wird eingelagert, was muss aufbereitet werden.