Welche Vorteile hat eigentlich individuelle Software? Warum kommen Standards in modernen Distributionszentren schnell an ihre Grenzen? Fragen, auf die der TUP-Vertrieb im Interview antwortet: Vertriebsleiter Frank Obschonka sowie der Vertriebs- und Marketingspezialist Swen Weidenhammer über passgenaue Software und die Bedürfnisse der Kunden.
Wir sprechen bei TUP, kurz TUP, gerne von einer Manufaktur, die für ihre Kunden individuelle und auf das jeweilige Projekt bezogen passgenaue Software entwickelt. Was genau ist eigentlich individuelle Software?
Frank Obschonka: Individuelle Software ist speziell auf den Kunden und dessen Bedürfnisse zugeschnitten. Es gilt: Kein Kunde, kein Projekt ist gleich. Das beginnt mit den erwähnten meist unterschiedlichen Bedürfnissen aller beteiligten Entscheidungsträgern und endet mit dem jeweiligen Geschäftsmodell des Kunden selbst. Wir müssen bereits in den Vorgesprächen die individuellen Wünsche erkennen und in den darauffolgenden Planungen berücksichtigen. Nur so gewährleisten wir dem Kunden auch Planungsfreiheiten für zukünftige Änderungen beziehungsweise Anpassungen.
Software wird bei TUP wie ein Unternehmen betrachtet. Beides wächst und entwickelt sich mit der Zeit weiter. Wir begleiten daher den Kunden partnerschaftlich und versuchen nötige Kompromisse auf Seiten des Kunden so kundenfreundlich und projektbezogen wie möglich zu gestalten. Der Kunde sollte unserer Meinung nach weitgehend in der Lage sein, sich schneller auf veränderte Marktbedingungen einzustellen, als die Konkurrenz. Mit Standardlösungen wird er das höchstwahrscheinlich nicht schaffen.
Zudem ist das Niveau der Projekt-Komplexität in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Kundenwünschen und Komplexität begegnen wir bei TUP daher immer individuell. Wir setzen auf modulare und adaptierbare Prozessbausteine, ähnlich dem Legoprinzip, die wir kundenspezifisch konfigurieren können. Wir sprechen auch vom maßgeschneiderten Anzug für den Kunden. Unser Anzug beschreibt eine flexible Warehouse-Management-Lösung, deren adaptive Prozessbausteine per Plug-Ins nahezu jede spezifische Kundenanforderung erfüllt.
Swen Weidenhammer: „Adapt or Die“ passt hier gerade wie die Faust aufs Auge. Die Anpassung einer Software auf die individuellen Anforderungen ist heutzutage allgegenwärtig. Den sogenannten „Standard“ in der Welt der IT-gestützten Lösungen der Intralogistik gibt es meines Erachtens nicht mehr. Jeder möchte seine Prozesse durch individuelle Funktionalitäten und Ideen anpassen. TUP unterstützt dies gleich zu Beginn der Projektphasen, indem standardisierte Module und Tools eingesetzt werden. Durch diese Vorgehensweise wird bei Gewährleistung der Sicherheit auch die Flexibilität der Prozessanpassungen schnell realisiert. Ebenso ist ein Retrofit einzelner Softwarekomponenten realisierbar. Nur, wenn die gewünschten Prozessschritte des Kunden softwareseitig richtig abgebildet werden, entsteht der nötige Wettbewerbsvorteil.
Nach der eigentlichen Abnahme; wie wird der Kunde softwaretechnisch weiter betreut? Bekommt er beispielsweise Updates? Werden Funktionen auf neue Begebenheiten angepasst?
Swen Weidenhammer: Bei Updates oder Upgrades hängt viel vom Automatisierungsgrad der Intralogistik und der Systeme ab. Wir erarbeiten gemeinsam mit den Kunden Strategien und Wege um neu verfügbare Funktionalitäten im laufenden Betrieb einzubauen und zukünftig zu nutzen. Bei TUP ist ein Projekt mit der Abnahme des Kunden abgeschlossen, die Unterstützung des Teams bleibt erhalten. Wir haben in der Regel immer mit Beginn der Stabilisierungsphase ein Supportteam bereitstehen, welches die Betreuung des technischen IT-Gewerks bis hin zur Software-Wartung unterstützt. Auch die Mitarbeiter unserer Kunden werden auf neue Situationen und Anforderungen vorbereitet beziehungsweise geschult.
Und möchte der Kunde Anpassungen am bestehenden System durchführen, führen wir mit den Verantwortlichen eine intensive Rücksprache. So ist neben der Realisierung eines Projektes, auch die wirtschaftliche Machbarkeit immer ein Thema. Ebenso ist der Grad der Automatisierung ausschlaggebend für die Umsetzung von Funktionalitäten. Werden innerhalb der Intralogistik die Prozesse manuell umgesetzt, ist es schnell möglich Neues zu leben. Hier passt sich der Mensch flexibel in die Prozesskette ein. Anpassungen innerhalb einer Automatisierung werden gemeinsam mit unseren Kunden geplant und ausgiebig getestet bevor diese genutzt werden können. Durch das Support Team ist nicht nur der Betrieb gewährleistet. Eine Weiterentwicklung der Systeme gemeinsam mit unseren Kunden ist uns sehr wichtig.
Frank Obschonka: Man sollte dabei eines bedenken: Sobald wir einen Vertrag mit dem Kunden eingehen, sind wir Partner. Wir bewegen uns automatisch sehr nah an den Geschäftsprozessen des Kunden. Der eigentliche Impuls kommt meist, wenn es um klassische Veränderungen geht, vom Kunden. In einzelnen Fällen übernehmen wir natürlich auch beratende Funktion; beispielsweise bei der Smart Mobile Logistic. Die Entscheidung liegt allerdings immer beim Kunden. Er muss entscheiden, ob er Altbewährtes gegen neue Technologien tauschen möchte. Durch die enge Partnerschaft begleiten wir den jeweiligen Partner langjährig und unterstützen ihn natürlich auch gerne bei schwierigen Entscheidungen. Neue Technologien werden von uns eingehend untersucht und praxisnah getestet, bevor wir sie dem Kunden vorstellen.
Warum ist der Standard heutzutage nicht mehr „State of the Art“, speziell wenn es darum geht, dem Kunden seine, auf das Projekt bezogene, Softwarelösung zu präsentieren.
Frank Obschonka: Der Standard dient der Vereinheitlichung von Produkten und Prozessen und findet seine Anwendung wenn vorgegebene Funktionen und Abläufe vom Anwender akzeptiert werden. Der Kunde passt sich dem Standard an. Abweichungen sind nur im vorgedachten und vorgegebenen Rahmen möglich.
Betrachtet man dagegen speziell die Intralogistik, sind Möglichkeiten der Prozessanpassungen, Optimierung sowie Systemerweiterungen ein Muss. Zudem möchten Kunden als Individualisten wahrgenommen werden. Sprich, wo kann ich mich von meinen Mitbewerbern abgrenzen? Die Komplexität nimmt ja immer mehr zu, die Entwicklungszyklen werden immer kürzer – mit einer Standardsoftware sind die erwähnten Anpassungen an Veränderung die außerhalb des Standards liegen sehr kostspielig.
Ein Standard komplettiert immer wieder Kompromisse. Ist der Kunde kompromissbereit, dann darf er gerne auf eine Standardsoftware setzen. Möchte der Kunde aber seine Wünsche berücksichtigt sehen, verlassen wir automatisch den Standard. Studien namhafter Institute belegen, dass bei näherer Betrachtung kein Lagerverwaltungssystem (LVS) im reinen Standard betrieben wird. Jedes LVS hat seinen eigenen Charakter, seine eigenen und speziellen Features. Im Zuge der LVS-Evaluierung sollte dem Kunden verdeutlicht werden, ob er sich mit seinen Anforderungen noch im Standard bewegt und wenn nicht, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Langfristig betrachtet rückt dabei der Preis sehr schnell in den Hintergrund.
Der Kunde muss letztendlich auf eine enorme Projektdynamik regieren und darf nicht unflexibel sein. In der Praxis sieht man es leider immer noch zu oft: Dort wird zunächst auf einen günstigen Standard gesetzt. Treten unvorhersehbare Begebenheiten auf, die der Standard nicht abbildet, wird dazu programmiert und damit der Standard individuell verändert. Je öfter das gemacht wird, um so mehr entwickelt sich der Standard dann zum Individualprodukt mit entsprechender Komplexität, die nur noch von wenigen Anwendern beherrscht wird.
Swen Weidenhammer: Standard heiß ja zunächst einmal „gegen das Individuum“. Ohne Wettbewerb würden wir heute wahrscheinlich alle VW-Käfer fahren und wären dabei vielleicht sogar glücklich; auch weil wir nichts Anderes kennenlernen durften. Wie wir wissen, hat zum Glück die Vielfalt gesiegt. Der klassische Standard kommt aus einer Welt der Automatisierung der Industrie – eine Welt, die mittlerweile 70 Jahre auf dem Buckel hat.
Die Industrie fordert natürlich auch gewisse Standards, auch um die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Gewerke weiter zu verbessern. Doch diese Standards beziehen sich eher auf die derzeit unterschiedliche Handhabung von Schnittstellen. Sie müssen tatsächlich weltweit überdacht und auf dasselbe Niveau gehievt werden. Als Beispiel möchte ich die Technologie RFID in der Logistik nennen. Sie hat sich international sehr schwer getan und scheiterte oftmals an unterschiedlichen Funk-Frequenzen in Europa, Asien und den USA.
Teaserbild: Negative Space / CC0 License