Der Wareneingang ohne Automatisierung ist dank der engen Verzahnung von Soft- und Hardware heutzutage nicht denkbar. Was damals mit der Barcode-Technologie begann, hat bis heute bereits mehrere Modifizierungen erlebt. Prof. Dr. Frank Thomas, Gründer von TUP, blickt auf über 30 Jahre Intralogistik-Erfahrung zurück. Er beleuchtet im folgenden Interview den Wareneingang vor der Automatisierung und wagt einen Blick in die Zukunft, in der seiner Meinung nach Small-Data sowie die Energiebilanz in den Fokus rücken werden.
Wie sah eigentlich der Wareneingang vor der Automatisierung aus?
Vor Einführung der automatisierten Prozesse war der gesamte Wareneingang samt Entladung reine Handarbeit.
Jeder einzelne Artikel musste angefasst, erfasst und mit dem Lieferschein manuell abgeglichen werden. Die Lieferung wurde zudem komplett auf einen dafür im Wareneingang vorgesehenen Stellplatz abgelegt und von mehreren Mitarbeitern abgefertigt – hohe Personalkosten und ein großer Bedarf an Fläche waren die Folgen. Die Vorbereitung für den eigentlichen Förderfluss im Lagerbetrieb kostete wegen der fehlenden Automatisierung daher auch enorm viel Zeit.
Warum? Der Lagerarbeiter musste sich förmlich durch die Palette durchkämpfen, auch weil die auf ihr gestapelten Artikel oftmals ungeordnet vorlagen. Zudem muss man wissen, dass ein LKW mal eben 32 Paletten anliefern kann. Ein Avis per EDI (Electronic Data Interchange), wie wir es heute kennen inklusive Ankündigung der Ware und deren Produktinformationen, war damals auch noch nicht bekannt. Der Wareneingang hatte also mit den Kostenfaktoren Platz, Manpower sowie mit der Zeit zu kämpfen.
Können Sie sich noch an die Einführung der vollautomatischen und elektronischen Code- beziehungsweise Informationserfassung erinnern? Was änderte sich speziell im Wareneingang?
Zum einen änderten sich in der Summe viele organisatorische Maßnahmen, zum anderen haben sich mit der Möglichkeit der Automatisierung grundsätzlich alle Prozesse der Intralogistik sowie die der externen Logistik gravierend zum Positiven entwickelt. Hinsichtlich des Wareneingangs musste nun nicht mehr jeder einzelne Artikel, wie bereits erwähnt, einzeln in die Hand genommen und mit dem Lieferschein manuell abgeglichen werden.
Mittlerweile wird die Ware direkt über ein Teleskopband vom LKW an den Wareneingang übergeben, alles vollautomatisch. Dabei ist die vorausgehende Avisierung per EDI (siehe Grafik) ein entscheidender Prozess, der im Wareneingang das Erfassen sowie die Kontrolle der Ware enorm vereinfacht hat. Denn bevor der physische Wareneingang erfolgt, werden heutzutage die dem Empfänger übermittelten Daten auf der eigenen ERP-Ebene für das Warehouse-Management-System als Avis-Daten (elektronischer Lieferschein) aufbereitet und entsprechend lesbar weitergeleitet. Wird die Ware dann zum avisierten Termin angeliefert, erfolgt im WMS selbst der Lieferabgleich gegen die zuvor übermittelten Avis-Daten. Vor einigen Jahren eine technische Revolution, auf Wunsch heute bei unseren Kunden die Regel.
Auch die Verzahnung, beziehungsweise die vertragstechnischen Regeln zwischen Lieferant und Lager, sind dank der Automatisierung engmaschiger geworden. Der Lieferant muss sich mittlerweile den Vorgaben des Lagers anpassen, dessen Organisation adaptieren. Sind etwa die Codes falsch aufgeklebt oder unleserlich, muss der Lieferant den Mehraufwand eventuell selbst zahlen.
Wagen wir noch einen Blick in die Zukunft. Wie sehen Sie die Zukunft hinsichtlich der Intralogistik, der Technik allgemein?
Ich sehe zwei Trends auf uns zukommen. Zum einen werden wir in der Intralogistik mit wesentlich weniger Daten auf mehreren Ebenen auskommen, zum anderen wird meines Erachtens die schaltschranklose Fabrik Realität werden.
Weniger Daten deshalb, weil diese ausschließlich Prozess-orientiert bereitgestellt werden. So benötigt beispielsweise ein Materialflussrechner nur die Informationen, die für den Förderfluss innerhalb des Warenlagers auch tatsächlich benötigt werden. Wir wollen für unsere Kunden die bestehenden sowie eventuell neuen Prozesse schlank halten: TUP denkt Small-Data, Big-Data würde uns nur unnötig ausbremsen. Dennoch, bereits bei der Betriebsdatenerfassung berücksichtigen wir auf Wunsch für eine Analyse Millionen von Ereignissen pro Tag.
Schaltschranklos weil sich Verwaltungs- und Steuerungssoftware auf einer Plattform beziehungsweise Ebene befinden. Die komplette Informationsverwaltung liegt fortan im Warehouse-Management-System und in dem darunterliegenden Materialflussrechner. Sprich, Antrieb und MFR kommunizieren über das BUS-System direkt miteinander. Ein großer Vorteil dabei: Die doppelte Datenhaltung entfällt gänzlich.
In Zukunft werden wir zusätzlich mit der Energiebilanz konfrontiert werden. Maschinen, Motoren, Computer, sie alle benötigen Energie. Hat ein Unternehmer beispielsweise 30.000 Motoren im Einsatz und kann, dank effizienterer Technik, 50 Prozent Energie einsparen; haben wir alles richtig gemacht.