Zweifelsohne, Mathias Thomas, Geschäftsführer von TUP, ist Vollblut-Logistiker. In einem aktuellen Portrait des VDI nimmt sich Redakteurin Lisa Schneider seiner an und zeigt den Ingenieur von seiner sympathischen sowie „scheinbar“ widersprüchlichen Art. Schneider bringt es dabei auf den Punkt: „Mathias Thomas repräsentiert eine Unternehmer-Generation, die führt, wie sie lebt. Bei ihm bedeutet das: mit Vollgas. Dass die selbstgesteckten Ideale der Realität dabei nicht immer standhalten, bemerkt er zwar, ändern wird er sie deswegen aber nicht.“
Mit Flip-Flops und gefütterter Weste sitzt Mathias Thomas bei annähernd 30 °C in einem schmucklosen Durchgangszimmer und spricht in einer Geschwindigkeit, als ginge es um alles. Dabei hat er sich den ganzen Nachmittag Zeit genommen. Thomas vereint scheinbare Widersprüche und fügt sie zu einem stimmigen Bild zusammen. Er verbeißt sich ebenso gerne in technische Details wie er im Rampenlicht steht. Er trägt die Verantwortung für über 100 Mitarbeiter und kocht sich seinen eigenen Kaffee. Während Thomas auf den Vollautomaten drückt, flachst er mit einem Mitarbeiter herum. Alle duzen sich hier in der „Kommunikationszentrale“ am Karlsruher Firmensitz. An der Tür sitzen zwei Männer beim Schach, draußen in der Sonne haben sich Kollegen zum Skatspielen eingefunden. Drumherum sitzen weitere zwanzig Mitarbeiter auf Bierbänken und plaudern. Die Uhr steht auf der Drei. Schlägt hier das Herz des deutschen Softwareunternehmens?
Intralogistik für Bosch, Zalando und Canyon
Der erste Eindruck vermittelt eher Stadtpark-Atmosphäre als Geschäftsalltag. Doch das täuscht. Wenn die Mitarbeiter ein ähnliches Pensum an den Tag legen wie ihr Chef, dann nutzen sie diese Auszeit am frühen Nachmittag, um abends umso länger an ihren Schreibtischen zu sitzen. Dr. Thomas und Partner – der Titel gehöre seinem Vater, betont der junge Geschäftsführer – ist ein IT-Systemhaus in der Logistik, das beispielsweise Distributionszentren für Bosch, Zalando und Canyon mit eigener Software plant und realisiert. Seit nunmehr 34 Jahren. Vor sechs Jahren übernahmen die Geschwister Mathias und Simon das Unternehmen vom Vater – zu jeweils gleichen Teilen. „Ich würde es nie anders machen“, rät der Jüngere von beiden, Mathias Thomas. „Alles, was mein Bruder gerne macht, mache ich nicht gerne und umgekehrt. Wir ergänzen uns perfekt.“ Mathias Thomas kann anpacken. Eine Lektion, die ihm sein Vater beibrachte. „Ich hatte anfangs die miesesten Jobs von allen hier in der Firma“, sagt er und macht es sich in seinem Stuhl gemütlich: „Das waren tragende Rollen, ich habe Dinge von A nach B getragen.“ Die Leichtigkeit, mit der er scheinbar allem etwas Positives abgewinnen kann, reißt Zuhörer mit. Die Geschwindigkeit, die ihn selbst ins Stottern bringt, erfasst alles um ihn herum. Auf die Frage nach Grenzen zuckt er mit den Schultern.
Eine hat er jedoch momentan erreicht. Sein Unternehmen ringt mit dem eigenen Erfolg, die Brüder müssen Aufträge ablehnen. Obwohl die Mitarbeiter „unglaublich motiviert sind“, wie Thomas betont, „wenn es sein muss, bis spät abends hierbleiben oder am Wochenende kommen“ – es reicht nicht. Der Chef kann darüber fluchen, ernsthaft besorgt scheint er über dieses Problem nicht. Denn ein Familienunternehmen kann auch im IT-Bereich nicht in dem Tempo wachsen wie die großen Brüder Google oder Facebook. Neulich sei ihm eine junge Frau auf dem Gang begegnet und er wusste nicht, dass sie eine Mitarbeiterin war: „Das war mir extrem peinlich!“ Dass er seine eigenen Mitarbeiter nicht erkennt, frustriert ihn. Thomas möchte sich seine Sporen als Chef verdienen. Er hat mehrere Studienabschlüsse, hält Vorträge, engagiert sich in verschiedenen Gremien, unter anderem im VDI, und erwartet von sich selbst immer 100 %. Es sind die Anforderungen, die Thomas an sich selbst stellt, die ihn treiben und an seine Leistungsgrenze bringen. Vor drei Jahren, sagt er selbst, war er sogar weit darüber hinaus. Von seinen Mitarbeitern erwartet er dennoch eine ähnliche Leistungsbereitschaft. „Wir brauchen richtige Nerds“, sagt er. Leute, die sich in eine Sache verbeißen können wie Thomas selbst. Die für etwas brennen. Die ihren Feierabend nicht an der Uhr, sondern am Projektfortschritt ausrichten.
„Wunderbares Teambuilding: Jeder fliegt mal auf die Fresse“
Dafür geben die Chefs einiges. Bei Dr. Thomas und Partner gibt es Tennis- und Lauftreffs, die Mitarbeiter können auf Firmenkosten klettern oder sich in sicherem Auftreten coachen lassen. Wer möchte, kann sich am Samstagmorgen hinter dem Haus des Chefs beim Wakeboarden probieren. Ein „wunderbares Teambuilding“, nennt Thomas das, „weil jeder mal auf die Fresse fliegt, der das noch nie gemacht hat“. Während die Wörter und Sätze aus ihm heraussprudeln, wandelt sich der Unternehmer in den Teamkollegen Mathias. Der 38-Jährige ist jung geblieben, er streift sich ständig eine Haarsträhne hinters Ohr, weil er sie seit dem letzten Friseurbesuch nicht mehr zusammenbinden kann. Er flucht und lacht, er lobt seine Mitarbeiter als genial und bittet selbst darum, seine Titel nicht zu nennen: „alles Peanuts“.
Thomas verkörpert eine neue Generation von Unternehmern, mit denen die starre Organisation von Arbeit fällt. An deren Stelle tritt die Überlegung, dass ein selbstbestimmter Mitarbeiter mehr leistet. So wie sich Thomas als Unternehmer, Ingenieur und Sportler in den Kollegenkreis einbringt, sollen sich alle Mitarbeiter ein Stück weit in das Unternehmen einbringen. Sie sind eine Gemeinschaft bei Dr. Thomas und Partner – und wer Berufliches und Privates lieber trennen mag, soll auch das machen können. „Das Private, meine Familie und meine Freizeit, sind mir heilig“, versichert Thomas. Zu Hause würde er nicht arbeiten, seit er seine Frau kenne und eine kleine Tochter habe.
Das sagt einer, der sich seit 14 Jahren gerade einmal acht Wochen Urlaub gegönnt hat. Der den Sport als Ventil braucht und seine Lieblingssportart wechselt, wie andere die Schuhe dafür. Der an einem Tag von Karlsruhe nach Rostock und zurück fährt, um einen Vortrag vor Studenten zu halten. Und der alles daran setzt, seinen Mitarbeitern den Arbeitstag so bunt wie möglich zu gestalten. Weil er das eben nicht für Luxus hält, sondern selbst nicht anders kann.
Mit freundlicher Genehmigung VDI / Redakteur: Lisa Schneider
Der Artikel „Mathias Thomas: der Grenzgänger“ ist auf den Seiten des VDI in der Serie „VDI – Die Zukunft kann kommen“ erschienen und zeigt unter anderem Kurzfilme über Ingenieure und ihre Leistungen. Mehr dazu unter Ingenieur-Geschichten beim VDI und unter VDI-Nachrichten.