Hinter dem Kürzel KEFF steht das „Kompetenzstellen-Netzwerk Energieeffizient“. Ein durch das baden-württembergische Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft unterstütztes Projekt, mit dem Ziel kleinen und mittleren Unternehmern kostenlose Beratung zur effizienteren und damit ökologischeren Nutzung von Energie anzubieten. Eine der zentralen Aufgaben der Organisation ist es Unternehmen im ersten Schritt zu sensibiliseren und im zweiten als neutrale Beratungsinstanz Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz zu begleiten. Um diese Sensibiliserung zu leisten veranstaltet die KEFF bei Gastgebern Veranstaltungsreihen, die einen Aspekt aus diesem Umfeld aufgreifen. Drei Vorträge gab es am 19.02.2020 in der Caféteria des TUP-Campus. Für weitere Informationen sowie ein Video zum KEFF verweisen wir auf unseren Ankündigungsbeitrag.
„Wirtschaft und Ökologie – in Zukunft ohne Wachstum?“ von Prof. Dr. Niko Paech
Die Postwachstumsökonomie beruht auf Marktwirtschaft und Unternehmertum und versucht mit Blick auf das aktuelle Wirtschaftsmodell und auf Basis vorheriger Nachhaltigkeitsmodelle einen Weg aus dem Wachstumszwang zu finden.
„Wenn wir uns die Frage stellen, wie modernes Wirtschaften funktioniert, dann reicht wirklich eine halbe PowerPoint-Folie: Wir extrahieren Ressourcen in jeglicher Hinsicht […] und Wandeln das alles um durch Produktion in Konsumgüter und die motivationale Kraft dahinter ist die Vermehrung des Geldes. […] Eine andere Form des Wirtschaftens gibt es bis heute nicht.“
Eine Problem der Theorie der Entkopplung der negativen Effekte des Wachstums durch neue Technologien ist, dass der technologische Fortschritt überschätzt wird und Rebound-Effekte unterschätzt werden. Prof. Dr. Niko Paech führt als Beispiel die LED an: Die spart zwar Strom, muss aber als Sondermüll entsorgt werden, wohingegen die primitive Technologie Glühbirne zwar mehr Strom braucht, dafür aber einfach entsorgt und wiederverwertet werden kann. Also hat die Ersparnis der LED einen Rebound-Effekt in der Entsorgung.
Geeignete Innovationsstrategien definieren sich folglich darüber, dass sie derartige Rebounds erfolgreich vermeiden. Dies kann nur unter dem Zusammenspiel verschiedener Sphären gelingen, nur wenn Kultur, System und technische Möglichkeiten im Einklang stehen. „Grünes“ Wachstum kann in diesem Sinne nur die Folge einer Graswurzelbewegung sein, die die Klimaschutzkommunikation vertikal durchdringt. Im Kontext von Unternehmen und Gebrauchsgütern müssen postwachstumskompatible Unternehmensstrategien einen reduktiven Wandel der Nachfrageseite erleichtern. Schlagwörter sind hier Reparatur, Second-Hand, Sharing, Upcycling und andere aus der nachhaltigen Gedankenwelt bekannte Ansätze.
Die Präsentation gibt es hier zum Download.
„Gebäude als Faktor von Nachhaltigkeit und als Baustein des Klimaschutzes – Theorie und Wirklichkeit“ von Vollack
Das Gebäude ist ein wichtiger Baustein eines Klimaschutzkonzeptes. VOLLACK gab Einblick in die Theorie und die Wirklichkeit des Baus von Passivhäusern anhand des TUP-Campus. Entscheidend für den Erfolg eines solchen Projekts ist die Einstellung des Unternehmens und ob die Sinnhaftigkeit für die Mitarbeiter, in der Wirtschaftlichkeit und der ökologischen Wirksamkeit tatsächlich gegeben ist.
Anmerkung am Rande: Wir sind stolze Besitzer der – laut VOLLACK – welteinzigen „vollautomatischen Holzpassivhauseingangsschiebetür“
Der TUP-Campus diente als Grundlage, um das All-in-Paket mit den Minimalanforderungen der Energieeinsparungsverordnung (kurz EnEV) zu vergleichen.
Die inital höheren Baukosten ammortiseren sich allerdings laut VOLLACK durch die Kosteneinsparungen von 94.000€ pro Jahr gegenüber dem EnEV-Standard bereits nach weniger als drei Jahren.
Um ein solches Projekt erfolgreich abzuschließen, muss allerdings eine lange und ausführliche Planung zu Grunde liegen und die Umsetzer dürfen sich keine Fehler erlauben. Da der Bau eines Passivhauses eine komplexe Aufgabe ist, ist es ein Fehler da in der Qualität der Materialien oder der Projektpartner zu sparen. Sonst stellen sich im schlimmsten Fall negative Effekte ein, da das Lüftungskonzept beispielsweise nicht zur Gänze durchdacht wurde und sich so Schimmel im raumschiffartig isolierten Neubau ausbreitet.
Die Folien gibt es hier zum Download.
„Nachhaltige Unternehmensführung“ von TUP-Geschäftsführer Mathias Thomas
Die Institution des Unternehmens einerseits und die durch dieses verwendete Technologie andererseits – dies sind die zentralen Aspekte, wenn man das Thema Nachhaltigkeit in die Arbeitswelt überführt. Nachdem im vorangegangenen Vortrag bereits auf mögliche sowohl nachhaltige als auch technologische Lösungen eingegangen worden war, verlegte sich Mathias Thomas auf die Möglichkeiten, die sich im sozialen Gefüge gemeinsam arbeitender Menschen ergeben. Denn – soviel scheint mit Bezug auf die Maslow’sche Bedürfnisspyramide klar – nur wo kreativ gedacht wird, kann auch Nachhaltigkeit entstehen.
Wie kann es gelingen, Menschen zu entsprechendem Denken anzustoßen? Denn Mitarbeiter haben häufig keinen Mehrwert davon oder keine Möglichkeit im Unternehmenskontext nachhaltig zu handeln. Zumindest modellhaft muss diese Annahme im Zentrum der Bemühungen um nachhaltige Unternehmensführung stehen. Möchte man, dass Menschen sich von gewohnten Strukturen bereitwillig lösen, muss man ihnen die richtigen Anreize geben. Keine leichte Aufgabe in unserer dauerberieselten Multi-Options-Gesellschaft, die immer mehr geboten bekommt und in der es bisweilen schwer fällt, Wahrheit von Fiktion zu unterscheiden. Das alltägliche Umfeld, in dem man sich heute bewegt, umfasst dabei die Eckpfeiler Technologie, Internet, Gesellschaft und Ökologie. Die „Grüne Revolution“, wie Mathias Thomas sie bezeichnet, ist für viele in erster Linie eine philosophische Frage, deren Notwendigkeit zugleich aber auch offensichtlich.
Was kann nun also der Beitrag eines Unternehmens sein? Immer alle rundum zufrieden zu stellen, scheint utopisch, doch es verschiedene erfolgsversprechende Szenarien:
- Nachhaltigkeit vorleben, bspw. durch den Bau eines Passivhauses mit Eisspeicher, das den Mitarbeitern nicht nur ein adäquate Arbeitsumgebung, sondern auch Raum, in dem man sich gerne aufhält, bietet
- Die eigene strategische Orientierung abwägen – Gewinnorientierung VS. Investment in HR-Maßnahmen
- Gemeinsamkeit und Zusammengehörigkeitsgefühl über Generationen hinweg schaffen
„Mein größter Impact wäre, wenn ich es schaffe ein Unternehmen zu gestalten, in dem 140 Leute auf eine gewisse Art und Weise glücklich sind und keine Grundängste mehr haben. Eines ist klar: In den meisten Fällen handelt es sich um Dinge, die nur über Zeit erreicht und durch konstante Arbeit aufrecht erhalten werden können.“
TUP bedankt sich bei allen Anwesenden für das Interesse und die rege Beteiligung an der Veranstaltung.