Bei dem Forschungsprojekt “Mobil bis ins hohe Alter – nahtlose Mobilitätsketten zur Beseitigung, Umgehung und Überwindung von Barrieren“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) hat TUP die Navigations-App COMPAGNO mit entwickelt. Diese gibt mobilitätseingeschränkten Menschen wortwörtlich einen Gefährten an die Hand. Er erlaubt neben der klassischen Navigation, auch individuelle Eingaben auf Grundlage der Bedürfnisse und Einschränkungen des jeweiligen Nutzers. Die Ergebnisse und möglichen Zukunftsperspektiven des Projektes liegen nun vor.
Älteren Menschen eine uneingeschränkte Mobilität im Alltag zu ermöglichen und sie so am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen; das war das Ziel des Forschungsprojektes und der daraus resultierenden App COMPAGNO. Sie erlaubt beispielsweise die Attribute:
• Kann der Nutzer Treppen steigen,
• sitzt die Person im Rollstuhl oder
• ist diese anderweitig eingeschränkt?
Sie navigiert den Nutzer, auf Basis des Geoinformationssystems OpenStreetMap und den zuvor im Benutzerprofil hinterlegten persönlichen Attributen, auf dem sichersten und schnellsten Weg zum Zielort. Sofern Daten vorliegen, können auch Öffentliche-Personennahverkehr-Verbindungen berücksichtigt werden. Dieses Feature befindet sich allerdings noch in der Betaphase und ist abhängig von der Datenbereitstellung der einzelnen Verkehrsverbände. Zusätzlich zum Routing verfügt die Software auch über die Funktionen “Außer-Haus-Notruf“ und einer Wetter-Abruf-Funktion.
Meta-Informationen sowie anpassbare Parameter
TUP war als Projektpartner für die Webschnittstelle zwischen Applikation und Routing-Daten zuständig, die fortan unter Berücksichtigung bestimmter und anpassbarer Parameter nicht nur eine schnelle, sondern, auf Grundlage von Meta-Informationen im vorliegenden Kartenmaterial, auch sichere Strecke gewährleistet. Dabei beschreiben diese Parameter die erwähnten Attribute, die wiederum über persönliche Profile definiert sind.
Nach nunmehr drei Jahren Arbeit, ist die Projektphase beendet und die App konnte in einer Testphase in Singen-Hohnau geprüft werden. Hierfür wurden zehn Senioren zwischen 64 und 74 ausgewählt und mit dem Smartphone Ascend Mate 7 von Huawei und der vorinstallierten COMPAGNO-App (Android) ausgestattet.
Die Herausforderung Generation
Neben der eigentlichen Funktion, dem Routing, stellte sich die Bedienung der App gleich zu Beginn des Projekts als eine der größten Herausforderung dar. So taten sich einige Senioren zunächst mit dem Touchscreen und der Menüführung schwer. Der Konsens aller Projekt-Beteiligten war daher klar: App-Entwickler werden sich in Zukunft noch intensiver auf den jeweiligen Nutzer, etwa auf den nicht technisch affinen, einstellen müssen. „Applikationen werden in Zukunft noch individueller auf den jeweiligen Anwender zugeschnitten sein. Zudem sind wesentlich mehr Informationen nötig, damit Projekte wie COMPAGNO tatsächlich personenbezogen navigieren können“, bekräftigt André Hubbeling, Wirtschaftsingenieur und Projektleiter bei TUP, den gemeinsamen Konsens. Er sieht speziell im Kartenmaterial enormes Verbesserungspotenzial. „Um ein barrierefreies Routing zu ermöglichen, ist ein sehr hoher Detailgrad des Kartenmaterials zwingend notwendig. Das war leider in der Testphase nicht immer der Fall. “
„Je mehr Informationen mittels Tags – die von von der OpenStreetMap-Community vergeben werden – zum Kartenmaterial hinzugefügt werden, desto genauere Aussagen lassen sich später über die Qualität der Strecke oder über die Barrierefreiheit treffen. Fehlende Informationen verfälschen die Eigenschaften des Weges und führen somit zu schlechteren Routen“, schildert Sven Herzog, Softwareentwickler bei TUP, die kartenbedingten Herausforderungen. So basiert das Kartenwerk OpenStreetMap auf einer Open-Source-Lizenz und wird auf freiwilliger Basis gepflegt. Häufig erreicht diese Pflege allerdings nicht den gewünschten Informationsgrad, sodass eine generelle, umfassende und aufwändige Nachbereitung der Karten für eine barrierefreie Navigation an vielen Stellen notwendig wird.
In Zukunft wird das Projekt freiwillig fortgeführt; ein entsprechendes Konsortium aus den Projektteilnehmern hat sich bereits gefunden. Derzeit wird geprüft, ob die geschaffenen Lösungen in der Praxis weiter verwendet und wenn ja, inwieweit diese finanziell unterstützt werden können. Speziell die Applikation, deren Usability, soll nun weiterentwickelt und verbessert werden. Zudem könnten Partner mit ins Boot geholt werden, die sich speziell um die Qualität des Kartenmaterials kümmern.
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