Kennzahlensystem in der Intralogistik

Eine vollständige Bündelung aller in Lager- und Distributionssystemen anfallender Kennzahlen ist heutzutage zwar möglich, aufgrund der vielschichtigen Ausprägung komplexer Anlagen aber schwierig. Über ein vorab definiertes Kennzahlensystem ist es dagegen realisierbar, unterschiedliche Kennzahlen sinnvoll miteinander zu vergleichen um dabei eine sogenannte geordnete Gesamtheit von Kennzahlen zu generieren. Das Ziel eines solchen Systems: ein informativer klarer Sachverhalt zu den einzelnen Prozessen und zu den damit verknüpften Zielen.

Ein Kennzahlensystem findet seinen Einsatz im Management und Controlling von Logistik-Systemen. Die darin, meist aus Rohdaten, errechneten Zahlen repräsentieren dem Mitarbeiter einen signifikanten Prozess-Überblick. Dabei unterscheidet man zwischen nachweisbaren Eigenschaften (Leistung) und einer vergleichbaren Bewertung (Benchmarking) (siehe Operationalisierung der Logistikziele).

Unter Kennzahlensystemen wird im allgemeinen eine Zusammenstellung von quantitativen Variablen verstanden, wobei die einzelnen Kennzahlen in einer sachlich sinnvollen Beziehung zueinanderstehen, einander ergänzen oder erklären und insgesamt auf ein gemeinsames übergeordnetes Ziel ausgerichtet sind.

Thomas Reichmann, 5. Auflage, Seite 23, 2011, Viewer+Teubner

Funktionen von Kennzahlensystemen

Ein Kennzahlensystem erfüllt verschiedene Funktionen:

Kennzahlensystem in Distributionszentren

Wie könnte ein durchgängiges Kennzahlensystem für die innerbetriebliche Logistik in einem Distributionszentrum aufgebaut sein? Dieser Frage ging Dipl.-Ing. K. Heptner nach und hat folgende Grafik entwickelt, die auf drei übergeordneten Kennzahlen aufbaut. Wobei die ersten beiden Punkte zusammengehören. Hinweis: Über zwei Klicks auf die Grafik, vergrößert sich automatisch der Bildausschnitt.

  • Auslieferungskosten: Gesamtkosten des Distributionszentrums dividiert durch die Anzahl Auslieferungsstücke pro Zeiteinheit.
  • Versandwertfaktor: Quotient aus Gesamtkosten und Verkaufswert der Waren pro Zeiteinheit.
  • Durchlaufzeiterfüllungsgrad: Quotient aus Soll- und Ist-Auftragsdurchlaufzeit.
  • Lieferqualität: Funktion (Abbildung) von Lieferbereitschaftsgrad und -faktor sowie Fehllieferquote und -faktor (siehe auch Perfect Order Fulfillment).

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die VDI-Richtlinie 4400 Blatt 3. Sie setzt folgende Darstellung beziehungsweise Ziele eines Kennzahlensystems voraus:

  • Hohe Logistikeffizienz (Gesamtbild)
  • Hohe Logistikleistung (kurze Durchlaufzeiten, hohe Produktivität, hoher Lieferservice)
  • Geringe Logistikkosten (geringe Bestandskosten, geringe Prozesskosten)

Operationalisierung der Logistikziele

Die Kennzahlen selbst dienen zur Operationalisierung der Logistikziele. Wichtig dabei: Neben den Leistungskennzahlen zur Messung der Logistikleistung und den Kostenkennzahlen zur Messung von Logistikkosten enthält das Kennzahlensystem sogenannte Strukturkennzahlen. Sie sind im Rahmen von Benchmarking-Untersuchungen keinem der Ziele zugeordnet.

Strukturkennzahlen-Beispiele:

• Kommissionier-Auftragspositionen je Betriebskalendertag
• Warenauslieferung je Betriebskalendertag
• Transportzeit zum Kunden je Warensendung
• Transportentfernung je Warensendung
• Versandgewicht je Warensendung

Verbreitete klassische Kennzahlensysteme

  • DuPont (ROI-Baum) – das Kennzahlensystem wurde bereits 1919 entwickelt und eignet sich für Unternehmensteile, für die sich auch Gewinn ermitteln lässt. Die Kontrollfunktion orientiert sich auf kurzfristige Potenziale.
  • ZVEI – dabei handelt es sich um ein weitestgehend branchenneutrales System aus 88 Haupt- und 122 Hilfskennzahlen. Im Gegensatz zum DuPont orientiert sich ZVEI auf Jahresabschlüsse; dennoch sind langfristige Erhebungen nicht vorgesehen.
  • RL – das von Reichmann und Lachnit entwickelte flexible System besteht aus zwei Kernelementen, von dem eines auch individuelle Informationsbedürfnisse erfüllt und adaptiv aufgebaut ist (Sonderteil).

Ebenfalls erwähnenswerte Kennzahlensysteme: Managerial Control Concept und das Ratios au Tableau de Bord.

Zudem gibt es in der Intralogistik spezielle Kennzahlensysteme, die individuell auf die einzelnen Prozesse hin zugeschnitten sind.

Zweckorientierung von Kennzahlensystemen

Ein Kennzahlensystem besitzt eine Zweckorientierung, die je nach Verwendungszweck und Funktion unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Bei einer aktionsorientierten Nutzung beispielsweise werden, auf Basis der erhaltenen Informationen, Verhaltensänderungen erwirkt.

Weitere Informationen zum Thema Kennzahlen und dem Controlling der Logistik finden Sie auch unter Supply-Chain-Management (SCM) sowie unter Optimierung mittels Prozesskettenmanagement.

Teaserbild: Stern / CC BY-SA 3.0

Grafik: TUP / Vorlage: Dipl.-Ing. K. Heptner