Der Deutsche Logistik-Kongress 2019 wählte das Motto „Mutig machen“, mit dem Ziel den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen nicht mit „German Angst“ zu begegnen, sondern mit dem Gegenentwurf der Lean-Production „Machen statt Planen“. Karl Warmulla, Swen Weidenhammer und Eduard Wagner waren vor Ort und damit die Ingenieursperspektive, die Marktperspektive und der Blick auf die digitale Infrastruktur. Im zweiten Teil der Reihe schildert Swen Weidenhammer seine Eindrücke aus der Vertriebsperspektive mit einem besonderen Fokus auf die Automatisierung der Intralogistik.
Was sind die drei wichtigsten Trends in der Intralogistik für 2020 aus deiner Perspektive?
Swen Weidenhammer: Aus meiner Sicht gibt es keine Trends, die man auf ein Jahr beschränken sollte. Was sich aber klar abzeichnet ist eine Entwicklung hin zu mehr Individualität. Das heißt, Kunden wollen sich und ihre Prozesse immer stärker in Digitalisierungsansätzen und IT-Lösungen abgebildet sehen. Der Markt expandiert noch immer weiter und im Nachklang der Hypes Industrie 4.0 und Digitalisierung wird vieles sich in Richtung Prozessunterstützung durch künstliche Intelligenz drehen.
Was ist die Voraussetzung, um der Individualisierung von Intralogistik-Prozessen zu begegnen?
SW: Es hat Vorträge gegeben, die unsere Herangehensweise und unsere TUP-Sicht auf die Intralogistik bestätigen: Je größer, je komplexer Logistik wird ‒ und sie wird eben immer nur komplexer und nicht einfacher ‒ desto individueller sind die Anforderungen, um wirtschaftlich und zukunftssicher zu arbeiten. Das bedeutet auch, dass standardisierte Lösungen das angestrebte Ziel unter Umständen gar nicht mehr erreichen können. Die Partnerschaft zwischen Lösungsanbieter und Endkunde wird dadurch mehr in den Vordergrund treten, um der gesteigerten Komplexität zu begegnen.
Was sind Themen in der Intralogistik, die man jetzt schon angehen sollte?
SW: Der Kongress stand unter dem Motto „Mut machen“ und das ist der Punkt, den ich im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung als absolut notwendig ansehe: Mut zeigen und nicht nur über Disruption und bestimmte Technologien sprechen, sondern deren Nutzen erkennen und zügig in die Umsetzung zu gehen ‒ auch wenn der erste Impuls ist zu zaudern, da die Zeichen der wirtschaftlichen Entwicklung eher auf Eintrübung als auf Wachstum stehen. Mir persönlich kam das Thema „Green Logistics“ ein wenig zu kurz: Gerade im E-Commerce steigt der Verpackungsmüll noch immer weiter, gleichzeitig ist da das größte Potential Wirtschaftlichkeit mit Nachhaltigkeit zu verbinden. Es gibt in diesem Bereich noch kein System, das sich mit Strategien zur Vermeidung von Verschwendung und Abfall befasst.
Wo geht die Reise neben „Green Logistics“ noch hin?
SW: Die Reise wird durch immer höhere Rechenleistungen begleitet. In einem Vortrag von Michael ten Hompel wurden z. B. Quantencomputer mit Kapazitäten vorgestellt, die nur einige Monate zuvor unmöglich waren. Das wird dazu führen, über das gesteigerte Potential in der Datenverarbeitung, mehr teilautonome oder teilautomatische Systeme zu etablieren. Die Zahl der fahrerlosen Transportsysteme oder -fahrzeuge wird in Zukunft weiter zunehmen, das liegt schlicht an ihrer Effektivität. Ein wichtiger Faktor dabei wird die steigende Kollaboration zwischen verschiedenen Technologien sein. Doch das geht nur gut, wenn alle Beteiligten enger zusammenarbeiten. Wenn jeder meint, er würde das Rad besser als alle anderen neu erfinden, wird das keine Zukunft haben.
Was war das persönliche Highlight auf dem Deutschen Logistik-Kongress?
SW: Eines meiner Highlights des DLK ist, dass ich durch die Vorträge das bestätigt sehe, was wir bei TUP seit Jahren machen: Unser Ansatz für individuelle Lösungen über die Software-Manufaktur. Ein weiteres Highlight ist wie jedes Jahr das Meet and Greet. Man trifft die geballte Logistik Deutschlands über die drei Tage, zwar auch auf einem engen Raum, aber das hat auch einen gewissen Charme. Ich möchte jedoch sagen, dass mir auf der Ebene der Technologie bahnbrechende Neuerungen gefehlt haben. Vieles ist eine Fortsetzung und Weiterführung der Entwicklungen der letzten Jahre.
Zum ersten Teil des Interviews mit Karl Warmulla
Die Gedanken unseres Chief Information Officers Eduard Wagner